Behandlungsvereinbarung, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht – Wie kann ein Psychose-Erfahrener seinen eigenen Willen einbringen?

Protokoll des Psychoseseminars vom 18.06.2008 von 19.00 – 21.15 Uhr

Protokollantin: Fr. Mischke (Mitarbeiterin der Kontakt -u. Beratungsstelle der Kette e.V.)

Zunächst erfolgt die Begrüßung des Auditoriums.

Begrüßung von Dr. Grassnack (RKD), Fr. Grab (RKD), Hr. Schmalen (RKD) und Fr. Steffens-Overhoff (Betreuungsstelle Stadt Düren)

1.Wer hat schon einmal etwas von einer Behandlungsvereinbarung, Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht gehört? Wer hat sich mit dieser Thematik schon einmal beschäftigt und wie waren Ihre Erfahrungen?

Es wurde berichtet:

  • Einer der Anwesenden erzählt aktuell eine Behandlungsvereinbarung und Patientenverfügung fertig gestellt zu haben und empfindet es als ein sehr gutes, beruhigendes Gefühl
  • Manche äußern sich skeptisch und fragen sich, wie viel Wichtigkeit diese Schriftstücke im Ernstfall haben – die Frage nach der gesetzlichen Verankerung wird deutlich.

Bei den folgenden Vereinbarungen handelt es sich um Möglichkeiten den eigenen Willen einzubringen, falls man in einer bestimmten Situation aufgrund körperlicher oder seelischer Krankheit nicht mehr in der Lage dazu sein sollte. Eine Behandlungsvereinbarung soll den stationären Aufenthalt des Psychose-Erfahrenen in der Rheinischen Klinik optimieren. Eine Patientenverfügung soll die eigenen Wünsche auf zukünftige medizinische Behandlung festlegen (für alle Personengruppen zutreffend). Eine Vorsorgevollmacht dient dazu eine Vertrauensperson zu beauftragen in meinem Sinne meine „Geschäfte“ zu erledigen, falls ich dazu aufgrund körperlicher oder seelischer Gebrechen nicht mehr in der Lage sein sollte.

2.Informationen zur Vorsorgevollmacht von Fr. Steffens-Overhoff:

  • durch die Vorsorgevollmacht kann die Notwendigkeit einer gesetzlichen Betreuung wegfallen
  • die Vorsorgevollmacht ist ein privatrechtlicher Vertrag der alle Bereiche des alltäglichen Lebens umfasst und ist über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gültig (eine gesetzliche Betreuung endet mit dem Tod des Betreuten)
  • Eine Vorsorgevollmacht kann jederzeit widerrufen werden
  • Im Gegensatz zur gerichtlichen Betreuung gibt es keine Kontrollinstanz
  • Der Bevollmächtigte kann nur gegen Vorlage eines ärztlichen Attests eine Unterbringung in einem Krankenhaus oder einen schweren körperlichen Eingriff veranlassen (z.B. OP)
  • Man kann die Vorsorgevollmacht im Bundesvorsorgeregister eintragen lassen

3.Informationen zur Patientenverfügung von Fr. Steffens-Overhoff:

  • In einer Patientenverfügung kann ein Patient seinen Willen im Hinblick auf zukünftige medizinische Behandlung festlegen.
  • Dies gilt nur für den Fall einer unheilbaren Erkrankung oder einem nicht mehr umkehrbaren komatösen Zustand
  • Noch gibt es keine Rechtsgrundlage – aber eine gesetzliche Fixierung ist geplant
  • Die Erfahrung zeigt, dass die Wünsche, die in einer Patientenverfügung geäußert wurden meist auch beachtet und umgesetzt wurden – deshalb ist eine notarielle Bestätigung nicht unbedingt notwendig
  • Wenn der Hirntod bei einem Menschen festgestellt wird ist es sowohl für die Ärzte als auch für die Angehörigen eine schwierige Situation über das Leben des anderen Menschen zu entscheiden. Umso entlastender ist es für alle Beteiligten wenn im vor hinein durch eine Patientenverfügung ein detaillierter Wunsch des Betroffenen geäußert wurde wie in diesem Fall gehandelt werden soll.
  • Wenn man zum Tod des Vollmachtgebers die Beerdigung regelt und es ist nicht genügend Vermögen vorhanden, dann muss der Bevollmächtigte die Kosten der Beerdigung selbst tragen. Deshalb ist es wichtig das Ordnungsamt zu informieren und zu beauftragen, um eine private Kostenübernahme zu vermeiden.
  • Falls der Verstorbene keine Angehörigen oder Freunde hat bei denen er seine Wünsche über den Tod hinaus berücksichtigt sehen will dann kann er ein Testament beim Nachlassgericht hinterlegen.
  • Die Patientenverfügung sollte jedes Jahr erneut gelesen und ggf. aktualisiert werden.
  • Laut Statistik machen nur 2,5% der Bevölkerung eine Patientenverfügung – man vermutet, dass es an der Schwierigkeit liegt mit den Angehörigen über das Thema Tod zu sprechen

PAUSE

4.Anschließende Information von Dr. Grassnack zur Behandlungsvereinbarung:

Die Behandlungsvereinbarung ist ein Formular, mit dessen Hilfe Psychose-Erfahrene mit den Rheinischen Kliniken Düren schriftliche Absprachen treffen können bezüglich einer stationären Behandlung. Dies gilt für den Fall, dass der Betroffene nicht mehr in der Lage sein sollte sich in dieser Situation selbst zu äußern. Die Behandlungsvereinbarung soll den stationären Aufenthalt für alle Beteiligten optimieren. In den Rheinischen Kliniken wurde jetzt ein Computersystem eingeführt, mit dessen Hilfe es möglich ist beim Aufruf der Patientendaten direkt in die bestehende Behandlungsvereinbarung einzusehen.

Bei Interesse eine Behandlungsvereinbarung zu hinterlegen sollte man einen Termin bei Dr. Knauer vereinbaren Tel.: 02421-402244. Im Gespräch werden alle wichtigen Punkte erörtert und schriftlich fixiert.

Wichtig ist, dass man bei der Erstellung der Behandlungsvereinbarung im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist und dies wird auch durch den anwesenden Arzt (Dr. Knauer) bestätigt.

Im Gespräch hat man die Möglichkeit die bisherigen Erfahrungen mit Medikamenten (z.B. Allergien, Unverträglichkeiten etc.) und angewandten Therapiemethoden mitzuteilen um für den nächsten Aufenthalt die Rahmenbedingungen zu optimieren. Auch werden Wünsche, wer ggf. über einen stationären Aufenthalt informiert werden soll und wer nicht in der Behandlungsvereinbarung erfasst. Dieser geäußerte Wunsch in der Behandlungsvereinbarung entbindet den Arzt von seiner Schweigepflicht gegenüber dieser benannten Person und ggf. des genannten Arztes und dies kann den stationären Aufenthalt für beide Seiten erleichtern. Der Betroffene hat eine vertraute Person an seiner Seite und der Arzt kann von der Vertrauensperson und dem Arzt (z.B. Hausarzt, psychiatrischer Facharzt) weitere Informationen erhalten, die wichtig für die Behandlung sein können.

Weitere Punkte der Behandlungsvereinbarung sind Fragen wie der Betroffene im Falle einer Aufnahme gerne behandelt werden möchte z.B. in Ruhe gelassen werden und alleine sein oder auf keinen Fall alleine sein und viel Ansprache. Es wird nach der Medikamenteneinnahme gefragt und welche Medikamente im Notfall gut geholfen haben, welche nicht und in welcher Form man sie verabreicht bekommen möchte z.B. Tablette, Dragees, Injektion. Es existiert außerdem ein Anhang zur sozialen Situation der wichtige Informationen darüber enthält, ob der Betroffene Kinder oder Haustiere hat die bei einem stationären Aufenthalt versorgt werden müssen. Auch andere bestehende Verpflichtungen können dort angegeben werden.

Für den Fall, dass man z.B. in einer anderen Stadt ist und ein stationärer Aufenthalt notwendig wird, sollte man ein sog. „Notfallkärtchen“ bei sich haben und beim Hausarzt eine Kopie der getroffenen Vereinbarungen und Verfügungen hinterlegen.